Rendezvous mit dem Viertel-Kilometer

  • Drucken

Ein Viertel-Kilometer? Genau. So lang war die Line, die ich mit Lukas mitte Oktober in der Nähe von Kaiserslautern probierte.

Die Geschichte von Michi Aschabers gerissener Longline hatten wir bereits vernommen. Deshalb waren wir schon nachdenklich, als wir uns auf den weiten Weg zu Andi Riedrich von SlackPro.de machten. Allerdings wussten wir, dass er noch ein wesentlich stärkeres Band zur Verfügung hatte, das aber leider auch deutlich schwerer war.

Um es kurz zu machen, wir schafften es nicht, die Line durchzugehen. Das Teil war – ich kann es nicht anders beschreiben – mächtig. Es war mitten über eine riesige Wiese gespannt. Waren wir erst einmal fünfzig Meter vom Fixpunkt weg, fühlten wir uns so ausgesetzt wie auf einer Highline. Das lag auch an der Tiefe der Senke: Wir hatten in der Nähe der Mitte über zwei Meter Luftstand. Durch das hohe Gewicht erzeugten wir beim Gehen unglaubliche, kräftige Schwingungen. Die klein zu halten und immer wieder zu beruhigen, das war die Aufgabe auf dieser Line. Als wir gerade warm wurden, wurde es Abend, und der nächste Tag brachte Regen, Wind und Kälte.

Michis Erfahrungen brachten uns allerdings auf eine Idee, wie wir doch noch das Beste aus dem Tag machen konnten. Andi ist es zu verdanken, dass er sein Material opferte, um den Ernstfall zu simulieren, und sein Band kappte. Analog zu einer alten Idee von Heinz Zak, legten wir dafür ein Stück Fleisch auf die Line. Das Ganze filmten wir mit vier verschiedenen Kameras. Ein erstes Video ist online www.youtube.com/watch?v=2q8stM066kg.

Das Ergebnis war jedenfalls erschreckend. Fotos und einen guten Bericht gibt es auf dem Blog von Lukas: lukasirmler.blogspot.com

So sehr mich superlange Lines interessieren, ich habe nun, wie Michi, gehörig Bauchweh und muss mich fragen, wie ich hier weitermachen will.
Klar ist: Bei Spannungen an die 20 kN (2 Tonnen), und wohl schon weit darunter, ist das Reißen des Bandes eine Katastrophe, die schwere Verletzungen zur Folge hat. So groß die Verlockung ist, mit einem leichteren, schwächeren Band und hoher Spannung meine persönliche Bestmarke zu toppen, ich werde in Zukunft mein Material noch genauer testen und größere Sicherheitsreserven lassen.

Außerdem sollte sich jeder fragen, was denn eigentlich das Faszinierende an Longlines ist. Für mich ist es nicht primär die Länge, es ist eher das Gefühl beim Gehen, das sich durch die starken Schwingungen ergibt. Das kann ich aber leicht mit einer kürzeren Line, einem stärkeren und schwereren Band und weniger Spannung erreichen. All diese drei Faktoren bringen mehr Sicherheit. Ich glaube, das wird mein Weg für die Zukunft sein.

P.S.: Inzwischen habe ich eine weitere Line mit 250m Länge probiert, wieder einmal bei Michi Aschaber in St. Johann in Tirol. Gewarnt von den Ereignissen zuvor, hielten wir vernünftige Sicherheitsreserven ein, konnten die Line aber nicht begehen. Etwa zur gleichen Zeit führte ich auch Materialtests mit dem White Magic und der SlackPro Longline durch. Die Ergebnisse müssen noch aufbereitet werden und werden anschließend hier publiziert. Es sei nur so viel gesagt: Ich experimentierte mit beschädigten Bändern. Unter anderem wollte ich herausfinden, was Michis Bandriss verursacht haben könnte. Ich fand allerdings keine Erklärung: Ein Riss des Bandes bei den Kraftwerten, die Michi beschrieb, könnte eigentlich nur durch eine massive, deutlich sichtbare Beschädigung verursacht werden. Michi, ein Pedant, was Material angeht, hat aber keine solche bemerkt. Es bleibt also ein ungutes Gefühl. Das neue Jahr wird hier wahrscheinlich mehr Klarheit bringen.